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Dienstag, 14. Mai 2013
Bei Anruf: Liebe
hillebel, 09:33h
Martin ist glücklich mit Anke. Er will sie heiraten und das Baby adoptieren, das sie von einem anderen erwartet. Da kehrt Kathrin, die er einst leidenschaftlich liebte, aus Kanada zurück ...
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Martin freute sich, nach dem zehntägigen Fortbildungsseminar wieder zu Hause zu sein. Anke sass im Sessel und strickte an einem Babyjäckchen. Bald würden sie eine Familie sein. Zärtlich strich er über ihren Bauch, aber als er ihr einen Kuss geben wollte, wandte sie rasch den Kopf zur Seite. Ehe er sich darüber wundern konnte, läutete das Telefon. Er ging in die Diele und hob ab: "Martin Bessler", meldete er sich.
"Martin, hier ist Kathrin." Die dunkle, warme Stimme war wie ein Faustschlag. Alle Erinnerungen stiegen wieder in ihm hoch, zusammen mit einem Schmerz, der ihm fast die Kehle zuschnürte. Er brachte keinen Ton heraus.
"Martin, ich bin zurück, und da dachte ich, ich meine ... Ach, verdammt, mach's mir doch nicht so schwer! Könnten wir uns vielleicht sehen?"
"Sie sind falsch verbunden", sagte er kurz und legte auf.
Anke durfte nichts von Kathrins Anruf wissen. Einen Monat, bevor das Baby zur Welt kam, wollte er ihr jede Aufregung ersparen.
"Wer war das?", fragte sie, als er zurück kam.
"Ach, jemand hat sich verwählt."
Sie sah ihn prüfend an: "War das Kathrin? Sie hat schon einmal angerufen. Sie arbeitet wieder hier in der Bank. Ich wollte es dir erzählen, bin aber nicht dazu gekommen."
Heftig erwiderte er: "Es hätte nichts geändert. Sie hat mir zu weh getan!" In verändertem Ton fuhr er fort: "Ich bin so froh, dass ich dich habe, Anke. Mit dir habe ich das Glück gefunden."
Ankes hübsches, von blonden Haaren umrahmtes Gesicht war ungewöhnlich blass. "Martin, ich muss dir etwas sagen, und es fällt mir sehr schwer. Ich gehe zu Ralf zurück."
Der Boden schien unter seinen Füssen zu schwanken: "Ralf ist wieder da?"
"Ja, seit einem Monat." Sie lächelte, aber Martin ahnte, dass das Lächeln nicht ihm galt. "Wir haben uns ein paarmal getroffen, während du fort warst ..."
"Hast du vergessen, was er dir angetan hat?"
"Er hat sich geändert, Martin."
Heftig fragte er: "Und das Kind? Was wird aus unserem Kind?"
Sie legte ihre Hand auf die seine und sagte behutsam: "Martin, es ist Ralfs Kind. Glaub mir, ich weiss, was ich an dir hatte. Du hast mir geholfen, als ich mich verloren und unglücklich fühlte. Und ich danke dir von ganzem Herzen, dass du mich heiraten und das Kind adoptieren wolltest. Wir beide empfinden Freundschaft, Zuneigung und Zärtlichkeit füreinander, nur eins nicht: Liebe. Leidenschaftliche Liebe. Körperlich spielt sich kaum noch etwas bei uns ab."
"Das ist normal. Du bist im achten Monat schwanger ..."
"Nein, Martin, es ist nicht nur das. Siehst du, ich habe deine Reaktion vorhin am Telefon beobachtet. Du warst so durcheinander, wie du es nie bei mir gewesen bist. Kathrin ist dir immer noch nicht gleichgültig."
"Es ist keine Liebe mehr. Nur Hass!"
"Jedes Kind weiss, dass Hass und Liebe zusammengehören. Ich habe Ralf auch gehasst, als er mich sitzen liess. Gut, wir haben das Kind nicht gewollt, aber als ich schwanger war, freute ich mich. Eine Abtreibung kam für mich nicht in Frage. Ralf dagegen ist ausgeflippt. Er empfand das Kind als Erpressung. Er ist vor der Verantwortung geflohen, aber was zählt, ist, dass er zurückgekommen ist. Wie ... wie Kathrin."
"Kathrin ist das egoistischste Wesen, das ich kenne", fuhr er auf.
"Sie hat doch nur eine berufliche Chance genutzt. Hättest du das nicht getan?"
"Wenn sie mich geliebt hätte, wäre sie geblieben."
"Wenn das so einfach wäre. Ich habe nach der Enttäuschung mit Ralf auch geglaubt, dass alles, was ich wollte, ein Mann wie du warst. Ich wollte nie mehr von der Liebe verletzt werden. Das hat uns beide an jenem Nachmittag auf der Café-Terrasse zusammengeführt. Wir haben uns gegenseitig getröstet. Jetzt ... jetzt genügt mir diese ruhige Zuneigung nicht mehr. Und auch du hättest dich eines Tages nicht mehr mit ihr zufrieden gegeben."
Sie stand auf, ging ins Schlafzimmer und kam mit einer Reisetasche zurück. Fassungslos starrte Martin sie an. Während er sich noch darauf gefreut hatte, wieder mit ihr zusammen zu sein, hatte sie heimlich gepackt, um ihn zu verlassen. Er kam sich unglaublich dumm vor. Und trotzdem stellte er verwundert fest, dass er nicht wirklich böse auf sie war. Er nahm ihr die Tasche ab: "Lass mich das tragen."
"Danke, aber nur bis nach unten", antwortete sie etwas verlegen und fügte hinzu: "Ralf holt mich nämlich ab."
Unten stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss: "Danke für alles, Martin. Ich weiss nicht, was ich ohne dich gemacht hätte."
Ralf stand vor der Eingangstür. Martin stellte fest, dass sein Rivale nicht grösser war als er und auch nicht besser aussah. Und doch gab es einen Unterschied, bewirkt von der geheimnisvollen Alchemie der Liebe. Anke sah Ralf an, wie sie ihn, Martin, nie angesehen hatte. Und als Ralf sie in die Arme nahm, schien Ankes Bauch auf wunderbare Weise überhaupt nicht im Weg zu sein. Die beiden - oder vielmehr die drei - waren eins.
Martin ging in die Wohnung zurück. Oben liess er sich aufs Sofa fallen und verbarg das Gesicht in den Händen. Er wollte an Anke denken, aber er sah Kathrins Gesicht vor sich. Ihr dunkles Haar, das sie mal schulterlang, mal aufgesteckt trug. Ihre lebhaften brauen Augen. Ihren zärtlichen Mund, der so gern küsste und so gern lachte. Wie hatte er sie geliebt! Er hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht, von Kindern gesprochen. Aber sie dachte an ihre Karriere, wollte nach Kanada. Er hatte es wie eine Ohrfeige empfunden. Sie brauchte doch nicht zu arbeiten. Als gutbezahlter Informatiker verdiente er genug für eine Familie!
Wie sanft und anschmiegsam war Anke dagegen gewesen. Sie brauchte ihn, und das zu wissen war Balsam für seine Wunden. Aber jetzt hatte auch Anke ihn verlassen. Weil sie Ralf noch mehr brauchte als ihn.
Wieder sah er Kathrin vor sich. Nicht immer war alles rosig gewesen. Sie hatten manchmal gestritten, dass die Fetzen flogen. Hatte Anke recht? Der Wunsch, Kathrin zu sehen, wurde auf einmal übermächtig. Aber wo konnte er sie erreichen? Die Bank hatte zu. Vielleicht konnte er ihre private Telefonnummer bei der Auskunft erfahren? Er lief in die Diele, und jetzt erst sah er den Zettel neben dem Telefon. In Ankes ordentlicher Handschrift stand eine Telefonnummer darauf und darunter Kathrins Adresse. Anke musste den Zettel dort hingelegt haben, während er mit ihrem Gepäck beschäftigt war. Die beiden Frauen mussten sich ausführlich unterhalten und beraten haben. Sicher hatte Kathrin gewusst, dass Anke ihn verlassen wollte. Hätte sie sonst vorhin angerufen?
"Ich Narr", murmelte Martin, während er Kathrins Nummer eintippte. Sie hob sofort ab, als hätte sie neben dem Telefon gewartet.
"Darf ich kommen, Kathrin?"
"Endlich Martin, endlich", sagte sie, und in ihrem leisen Lachen lag alle Liebe der Welt ...
ENDE
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Martin freute sich, nach dem zehntägigen Fortbildungsseminar wieder zu Hause zu sein. Anke sass im Sessel und strickte an einem Babyjäckchen. Bald würden sie eine Familie sein. Zärtlich strich er über ihren Bauch, aber als er ihr einen Kuss geben wollte, wandte sie rasch den Kopf zur Seite. Ehe er sich darüber wundern konnte, läutete das Telefon. Er ging in die Diele und hob ab: "Martin Bessler", meldete er sich.
"Martin, hier ist Kathrin." Die dunkle, warme Stimme war wie ein Faustschlag. Alle Erinnerungen stiegen wieder in ihm hoch, zusammen mit einem Schmerz, der ihm fast die Kehle zuschnürte. Er brachte keinen Ton heraus.
"Martin, ich bin zurück, und da dachte ich, ich meine ... Ach, verdammt, mach's mir doch nicht so schwer! Könnten wir uns vielleicht sehen?"
"Sie sind falsch verbunden", sagte er kurz und legte auf.
Anke durfte nichts von Kathrins Anruf wissen. Einen Monat, bevor das Baby zur Welt kam, wollte er ihr jede Aufregung ersparen.
"Wer war das?", fragte sie, als er zurück kam.
"Ach, jemand hat sich verwählt."
Sie sah ihn prüfend an: "War das Kathrin? Sie hat schon einmal angerufen. Sie arbeitet wieder hier in der Bank. Ich wollte es dir erzählen, bin aber nicht dazu gekommen."
Heftig erwiderte er: "Es hätte nichts geändert. Sie hat mir zu weh getan!" In verändertem Ton fuhr er fort: "Ich bin so froh, dass ich dich habe, Anke. Mit dir habe ich das Glück gefunden."
Ankes hübsches, von blonden Haaren umrahmtes Gesicht war ungewöhnlich blass. "Martin, ich muss dir etwas sagen, und es fällt mir sehr schwer. Ich gehe zu Ralf zurück."
Der Boden schien unter seinen Füssen zu schwanken: "Ralf ist wieder da?"
"Ja, seit einem Monat." Sie lächelte, aber Martin ahnte, dass das Lächeln nicht ihm galt. "Wir haben uns ein paarmal getroffen, während du fort warst ..."
"Hast du vergessen, was er dir angetan hat?"
"Er hat sich geändert, Martin."
Heftig fragte er: "Und das Kind? Was wird aus unserem Kind?"
Sie legte ihre Hand auf die seine und sagte behutsam: "Martin, es ist Ralfs Kind. Glaub mir, ich weiss, was ich an dir hatte. Du hast mir geholfen, als ich mich verloren und unglücklich fühlte. Und ich danke dir von ganzem Herzen, dass du mich heiraten und das Kind adoptieren wolltest. Wir beide empfinden Freundschaft, Zuneigung und Zärtlichkeit füreinander, nur eins nicht: Liebe. Leidenschaftliche Liebe. Körperlich spielt sich kaum noch etwas bei uns ab."
"Das ist normal. Du bist im achten Monat schwanger ..."
"Nein, Martin, es ist nicht nur das. Siehst du, ich habe deine Reaktion vorhin am Telefon beobachtet. Du warst so durcheinander, wie du es nie bei mir gewesen bist. Kathrin ist dir immer noch nicht gleichgültig."
"Es ist keine Liebe mehr. Nur Hass!"
"Jedes Kind weiss, dass Hass und Liebe zusammengehören. Ich habe Ralf auch gehasst, als er mich sitzen liess. Gut, wir haben das Kind nicht gewollt, aber als ich schwanger war, freute ich mich. Eine Abtreibung kam für mich nicht in Frage. Ralf dagegen ist ausgeflippt. Er empfand das Kind als Erpressung. Er ist vor der Verantwortung geflohen, aber was zählt, ist, dass er zurückgekommen ist. Wie ... wie Kathrin."
"Kathrin ist das egoistischste Wesen, das ich kenne", fuhr er auf.
"Sie hat doch nur eine berufliche Chance genutzt. Hättest du das nicht getan?"
"Wenn sie mich geliebt hätte, wäre sie geblieben."
"Wenn das so einfach wäre. Ich habe nach der Enttäuschung mit Ralf auch geglaubt, dass alles, was ich wollte, ein Mann wie du warst. Ich wollte nie mehr von der Liebe verletzt werden. Das hat uns beide an jenem Nachmittag auf der Café-Terrasse zusammengeführt. Wir haben uns gegenseitig getröstet. Jetzt ... jetzt genügt mir diese ruhige Zuneigung nicht mehr. Und auch du hättest dich eines Tages nicht mehr mit ihr zufrieden gegeben."
Sie stand auf, ging ins Schlafzimmer und kam mit einer Reisetasche zurück. Fassungslos starrte Martin sie an. Während er sich noch darauf gefreut hatte, wieder mit ihr zusammen zu sein, hatte sie heimlich gepackt, um ihn zu verlassen. Er kam sich unglaublich dumm vor. Und trotzdem stellte er verwundert fest, dass er nicht wirklich böse auf sie war. Er nahm ihr die Tasche ab: "Lass mich das tragen."
"Danke, aber nur bis nach unten", antwortete sie etwas verlegen und fügte hinzu: "Ralf holt mich nämlich ab."
Unten stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss: "Danke für alles, Martin. Ich weiss nicht, was ich ohne dich gemacht hätte."
Ralf stand vor der Eingangstür. Martin stellte fest, dass sein Rivale nicht grösser war als er und auch nicht besser aussah. Und doch gab es einen Unterschied, bewirkt von der geheimnisvollen Alchemie der Liebe. Anke sah Ralf an, wie sie ihn, Martin, nie angesehen hatte. Und als Ralf sie in die Arme nahm, schien Ankes Bauch auf wunderbare Weise überhaupt nicht im Weg zu sein. Die beiden - oder vielmehr die drei - waren eins.
Martin ging in die Wohnung zurück. Oben liess er sich aufs Sofa fallen und verbarg das Gesicht in den Händen. Er wollte an Anke denken, aber er sah Kathrins Gesicht vor sich. Ihr dunkles Haar, das sie mal schulterlang, mal aufgesteckt trug. Ihre lebhaften brauen Augen. Ihren zärtlichen Mund, der so gern küsste und so gern lachte. Wie hatte er sie geliebt! Er hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht, von Kindern gesprochen. Aber sie dachte an ihre Karriere, wollte nach Kanada. Er hatte es wie eine Ohrfeige empfunden. Sie brauchte doch nicht zu arbeiten. Als gutbezahlter Informatiker verdiente er genug für eine Familie!
Wie sanft und anschmiegsam war Anke dagegen gewesen. Sie brauchte ihn, und das zu wissen war Balsam für seine Wunden. Aber jetzt hatte auch Anke ihn verlassen. Weil sie Ralf noch mehr brauchte als ihn.
Wieder sah er Kathrin vor sich. Nicht immer war alles rosig gewesen. Sie hatten manchmal gestritten, dass die Fetzen flogen. Hatte Anke recht? Der Wunsch, Kathrin zu sehen, wurde auf einmal übermächtig. Aber wo konnte er sie erreichen? Die Bank hatte zu. Vielleicht konnte er ihre private Telefonnummer bei der Auskunft erfahren? Er lief in die Diele, und jetzt erst sah er den Zettel neben dem Telefon. In Ankes ordentlicher Handschrift stand eine Telefonnummer darauf und darunter Kathrins Adresse. Anke musste den Zettel dort hingelegt haben, während er mit ihrem Gepäck beschäftigt war. Die beiden Frauen mussten sich ausführlich unterhalten und beraten haben. Sicher hatte Kathrin gewusst, dass Anke ihn verlassen wollte. Hätte sie sonst vorhin angerufen?
"Ich Narr", murmelte Martin, während er Kathrins Nummer eintippte. Sie hob sofort ab, als hätte sie neben dem Telefon gewartet.
"Darf ich kommen, Kathrin?"
"Endlich Martin, endlich", sagte sie, und in ihrem leisen Lachen lag alle Liebe der Welt ...
ENDE
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